Dienstag, 25. Februar 2014

Hüftschwinger im Datingstress und Italienisch auf dem Klo

Ich sitze mit Freundinnen im Duisburger Innenhafen. Sehr schön ist es hier geworden. Das gesamte Ruhrgebiet erstrahlt seit einigen Jahren im wahrsten Sinne des Wortes in neuem Glanze.


Alles wurde umgebaut und mit großartigen Beleuchtungskonzepten ins rechte Licht gerückt. 
Alles erscheint modern und urban. Wie man wohl so sagt.

Wir sitzen bei einem angesagten Italiener, der deshalb so angesagt ist, weil man hier vor den Augen der Gäste kocht, ein Italienisch-Sprachkurs auf dem Klo läuft und man direkt am Wasser sitzt. 

Es gibt tischgroße Pizza, die wir uns natürlich kalorienbewusst teilen und Rosé aus Wassergläsern. Um uns herum geht es langsam so richtig los. 

Verliebte Menschen –Händchen haltend. Meine begehrten paarungswilligen Midlifler- erwartungsvoll, hoffnungsvoll, vielleicht ein bisschen panisch.
Die Dating- und Beziehungshungrigen gesellen sich zu den Kulinariern, und wie das halt so ist, bringt die fortschreitende Stunde trotz moderner, warmer Beleuchtung, die kalte Wahrheit an den Tag.

Je schneller die Zeit vergeht, desto dringender werden die Gesprächsversuche. Wer heute noch was reißen will, muss langsam Gas geben und nun trennt sich die Spreu vom Weizen.

Menschen im Datingstress.

Da gibt es die Offensiven. Die Damen springen auf die Tanzfläche und wackeln fleißig mit den Hüften um die Herren mit Stielaugen, die biertrinkend an den Tischen stehen von der Rotationsfähigkeit ihrer Hüften zu überzeugen.
Ich glaube ja, dass dies, solange es nicht in peinliche“ Bluse- vom-Körper-reiss-Aktionen“ ausartet oder paarungsähnliche Nahkampfbewegungen hervorbringt, die beste Art ist, auf sich aufmerksam zu machen und falls nicht, hatte frau wenigstens Spaß.

Dann gibt es die Neidamseln. Da stehen sie, die Lästerschwestern und beäugen abfällig die Hüftschwingerinnen. Leicht hochmütig, mit einer edel anmutenden Arroganz belächeln sie das unwürdige Geschehen. Sie glauben halt, dass ihre Strategie der vornehmen Zurückhaltung eher zum Erfolg führen wird.

Das glaube ich nicht.

Leider weiß ich als Beziehungscoach, dass Männer diese Art der abfälligen Beäugung einschüchtert. Also eher weniger zum Erfolg führt. Außerdem macht ein abfälliger Blick Falten. Wer will das schon?

Wenn schon nicht tanzen, weil es vielleicht einfach nicht so der Eigenart entspricht, dann wenigstens ein bisschen fröhlich gucken, bitte.
Bei den Herren kann man verschiedene Gruppen ausfindig machen. Die fein Gemachten mit Hemd, Weste und perfekter Frisur. Ich hab dann immer die Sorge, dass er vielleicht sogar noch bei Mutti wohnt.
Der Gaffer frisst das Objekt des Interesses mit den hungrigen Augen auf und wird wahrscheinlich gleich irgendeine von den Hüftakrobatinnen nach Sex fragen oder noch schlimmer, er wird sie „einsatzbereit“ antanzen und ich meine nicht: Tango.


Naja, wem es gefällt.

Das möchte ich lieber nicht mit ansehen.
Und dann gibt es da noch die, die eigentlich perfekt zu den Hüftschwingerinnen passen, nämlich die, die einfach mal ausgehen Spaß haben und sehen, was sich so ergibt.
Ist das eine moderne Form des Datings? NEIN!
In der Nacht sind nach wie vor alle Katzen grau. Es hat sich seit den 80ern rein gar nichts geändert.

Außer der Tatsache, dass der Markt natürlich ein wenig voller ist, weil die Scheidungsrate halt sehr hoch ist. Somit sind der Druck und die Wahrscheinlichkeit höher, dass man an ein traumatisiertes Exemplar mit sehr merkwürdigen Verhaltensweisen gerät. Dating ist einfach heikel und nicht immer einfach.

Das erinnert mich an die Zeit vor meiner Ehe, als ich mich entgegen meiner eigentlichen Auffassung (und das rächt sich immer) mit einem Typen verabredet hatte, den ich am Telefon kennenlernte...

Er hatte eine traumhafte sonore Stimme und war ein Gentleman erster Klasse. Ich wollte natürlich sichergehen, dass ich keinem Massenmörder begegne, und bestellte ihn mir vor ein Reisebüro gegenüber eines Bistros, welches einer Freundin gehörte. Ich beobachtete von einem Tisch aus, wer denn da nun kommen würde. Schließlich sieht man Massenmörder ganz bestimmt sofort ihre eigentliche Gesinnung an. Und dann kam er. Ein gut aussehender blonder Sunnyboy und wie er gekleidet war. Ich bedankte mich beim Universum, sprang auf, und wollte zu ihm eilen als eine langbeinige, langhaarige Blonde um die Ecke bog und meinen Traumprinzen mitnahm. Noch ehe ich rufen konnte: „Hey, das ist meiner“, kam dann der um die Ecke, den das Universum für mich vorgesehen hatte. Blond, ja.

Allerdings erinnerte die Struktur seiner Haare mich aus irgendeinem Grund an Donna, die Rauhaardackeldame meiner Nachbarin.

Sunnyboy? Hm nein, eher so Kapitän Skeletor, oder wie der heißt.

Ich bin ein netter Mensch. 

Als beschloss ich, ihn nicht nach dem Aussehen zu beurteilen und gab mich trotzdem zu erkennen. Ein fataler Fehler.

Er hatte so damit zu tun, mich und meine Makel zu inspizieren und mir zu erklären, dass er dies nicht einsehe und auf jenes keinen Bock hätte, dass er nicht mal dazu kam, die Rechnung im Café zu begleichen.
Als, mir klar wurde, dass er sich sicher war, zu gut auszusehen, um nett zu sein, plante ich meine Flucht. Ich eröffnete ihm, dass der Rauhaardackel meiner Nachbarin erkrankt sei und ich die beiden dringend in die Tierklinik bringen müsse. Er beschimpfte er mich lauthals, dass wir blöden Weiber doch eh alle gleich seien.

Nach der Erfahrung hatte ich damals beschlossen nicht mehr zu suchen, das Datingspiel aufzugeben, Spaß zu haben, mir einen Hund zu kaufen (keinen Rauhaardackel) und mich ab sofort finden zu lassen.

Es dauerte dann noch ein Weilchen. 

Ich ging meiner Wege und hatte Spaß und irgendwann kam er einfach so die Türe hinein, zum Mann meiner Freundin, bei der ich grade Kaffee trank. Der Traumprinz.

Was will ich euch die Autorin damit sagen? Tut euch den Stress nicht an. Habt Spaß und lasst euch finden.

Und ich? Ich stoße mit meinen Mädels mit einem Rosé an und bin froh, dass ich von den einsatzbereiten Gaffern keinen mit nach Hause nehmen muss.

Molto bene! (Habe ich auf dem Klo gelernt).

Bis zum nächsten Mal

Michaela Röder


Die aus Fröschen Traumprinzen macht

(In Erinnerung an eine besondere Person)

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